„Die Jungs wollten Spaß haben, aber eben auch gewinnen“, sagt er. Und das tat das PSV-Team um Torhüter Peter Verweyen, Regisseur Kenan Redzepov und Stürmer Kevin Kleinowski dann auch. Es eilte von Sieg zu Sieg, und das wurde zelebriert. „Es herrschte eine grandiose Stimmung. In der Kabine hallte es dann schon mal: Spitzenreiter, Spitzenreiter!“, sagt der Meistermacher. Nach sieben Erfolgen, einem Remis und einer Niederlage war der Titelgewinn perfekt. „Dieser Triumph ist den Spielern auf jeden Fall wichtig“, so Fürst. Dennoch blieb ein Grundsatz unan- getastet: Jeder spielt mit, egal, wie gut er ist. „Dieses Motto tragen alle 17 Spieler mit, trotz allen Ehrgeizes“, erklärt der PSV-Trainer. Er selbst hat inzwischen auch Feuer gefangen, betont, wie schön es sei, von der Stunde null an dabei gewesen zu sein: „Es macht mir so viel Freude, dass ich wohl auch dabeibleiben würde, wenn mein Sohn keine Lust mehr hätte“, sagt er. Die Worte des PSV-Geschäftsführers dürften ihm zusätzlich Rückenwind geben. „Wir sind wirklich stolz auf dieses Team, das diesen Jungs in erster Linie die Mög- lichkeit eröffnet, Spaß am Fußball zu haben“, betont Paul Fritz. Mit Flexibilität zum Erfolg Und in der Tat geht es in der Inklusionsliga etwas lockerer zu. Natürlich geht es um Punkte und Tore, aber vor allem um das Spiel an sich. Da wird bei den Partien der Altersklasse der über 16-Jährigen, die im Liga-Verfahren absolviert werden, auch schon mal vom Standard-Modus Elf-gegen- elf abgewichen, wenn die Teamstärke das nicht hergibt. Im anderen Zweig, dem Spielbetrieb der unter 16-Jährigen, werden die monatlichen Turniere ohnehin auf dem Kleinfeld ausgetragen. Stichwort: Inklusionsinitiative Um Fußballern mit Behinderungen bundesweit den Zugang in die „Fußballfamilie“ zu erleichtern, finanziert die Sepp- Herberger-Stiftung in den DFB-Landesverbänden Beauf- tragte für Fragen des Behindertenfußballs. „Wir begreifen die beeinträchtigten Sportler als ‚Fußballer‘ und möchten ihnen die Möglichkeiten bieten, in den organisierten Fußballstrukturen ihren Sport treiben zu können“, sagt DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg, der Vorsitzende der Sepp-Herberger-Stiftung. „Vor allem in den rund 25.500 Fußballvereinen gibt es hier viele Chancen und Möglich- keiten. Wir werden in den nächsten Jahren verstärkt integrative und inklusive Maß- nahmen initiieren, fördern und gelungene Beispiele sammeln. In vielen Landesver- bänden und Vereinen gibt es bereits hervorragende Ansätze“, so Gehlenborg weiter. Weitere Informationen unter: www.fussballfreunde.de Improvisationstalent ist aber überall gefragt. Das war in der ersten Saison nicht anders als in den Jahren des Aufbaus. „Obwohl ich schon als Nachwuchscoach gearbeitet hatte, mussten wir uns beispielsweise die Trainingsinhalte neu erarbeiten“, erklärt der SV-Coach Müller, „Woche für Woche haben wir dabei hinzugelernt.“ Und er war froh, dass er mit seinem Trainer- kollegen Siggi Lehmann stets einen Mann an der Seite hatte, der im Umgang mit Menschen mit Handicap bereits als Vater reichlich Erfahrung gesammelt hatte. „Der Zeitaufwand beim Coaching ist zum Beispiel viel größer, Erklärungen reichen nicht immer, man muss Übungen viel häufiger vormachen“, sagt Müller, dessen Klub SV Oppum sowohl eine Nachwuchs- als auch eine Handicap-Mannschaft für über 16-Jährige, also auch für Erwachsene, ins Meisterschaftsrennen schickt. Im U 16-Ka- der spielen 18 Jungen und zwei Mädchen. Gut die Hälfte davon mit einem Handicap unterschiedlicher Art. „Bei uns sind Kinder mit einem Down-Syndrom, einer Autis- musspektrumsstörung oder Verhaltens- auffälligkeiten genauso aktiv wie Kinder, die keine Behinderung haben, aber lieber nicht in den Regelmannschaften spielen“, beschreibt Müller. Die Gründe sind viel- fältig: Im Inklusionsteam herrscht nicht so großer Leistungsdruck, es wird seltener trainiert und gespielt und einige Eltern erhoffen sich vom intensiven Austausch ihrer Kinder mit Gleichaltrigen mit einer Behinderung eine größere soziale Kom- petenz des eigenen Nachwuchses. Der Wechsel in die Regelteams des Klubs ist natürlich stets möglich. Für Spieler mit und ohne Handicap. Dies ist auch beim PSV Wesel-Lackhausen nicht anders. „Die Tür ist in beide Richtungen offen“, erklärt Trainer Fürst. Und genau das ist die Idee der Handicap-Teams und der Inklusionsliga: Ein reger Austausch soll die Abschottung ablösen. „Das gilt ausdrücklich für beide Seiten“, betont Trainerkollege Müller. Er ist inzwischen ein gefragter Mann. Nicht nur im eigenen Klub. In Westfalen und Hamburg zeigen Fußballvereine reges Interesse an der Inklusionsliga, bitten den Oppumer Vorsitzenden um Rat und Hilfe. Dies sind besondere Momente. Und sie zeigen Müller vor allem eines: Es war gut, den Zweifeln an seiner Idee keinen Platz zu lassen.