Wertschätzung. Die Patienten wissen zu schätzen, dass er zwar nicht sehen, die Verspannungen aber dafür umso besser spüren kann. Kommt er nach Hause, warten seine sehende Ehefrau Kader und sein einjähriger Sohn Berzan auf ihn: „Mein Leben ist durch mein Kind geregelter. Ich habe wegen mei nes Berufs, des Blindenfußballs und meiner Familie zwar weniger Zeit für mich. Aber das macht nichts. Mir ge fällt mein Leben so, wie es ist.“ So entspannt und humorvoll er im Alltag ist, so ehrgeizig ist er auf dem Fußballplatz. Streift er das Trikot seines Vereins über, will er nur noch eins: spie len, spielen, spielen. Wenn sein Trainer im Training zu lange Anweisungen gibt, wird er unruhig. Wolf Schmidt weiß um den Charakter seines Leistungsträgers: „Der Wille zeichnet ihn aus. Es gibt wohl keinen Spieler, der noch mehr Willen und Ehrgeiz mitbringt als Serdal. Aber er hat auch eine gute soziale Wahrnehmung und hört in die Gruppe hinein.“ Çelebi weiß eben, dass man im Fußball nur als Mannschaft Titel gewinnen kann. Und davon soll es noch einige geben. „Einmal wurden wir bereits Deutscher Meister. Das war 2017. Gerne würden wir das noch einmal schaffen“, sagt er. Serdal Çelebi wird auch 2019 seinen Teil dazu beitragen, dass die Blindenfußballer des FC St. Pauli erfolgreich sind. Dann gilt es wieder, den Ball zu dribbeln, leiden schaftlich in die Zweikämpfe zu gehen und Tore zu schießen. Genauso wie bei jedem anderen Fußballer auch. Alles zur BlindenfußballBundesliga auf www.blindenfussball.de. Vor rund 20 Jahren Verlust der Sehkraft Seit 10 Jahren Blindenfußballer 2017 Deutscher Meister ARD Sportschau 2018: 36 % stimmen für Çelebis „Tor des Monats“ Interviews. „Ich sehe mich als Botschafter des Blindenfußballs“, betont er. Teamfähigkeit, Kommunikation und das Miteinander. Daher werden wir häufig gebucht“, so Çelebi. Die Freude weitergeben Und diese Rolle nimmt er sehr ernst. Er gibt sich nicht damit zufrieden, zu den besten Spielern seines Fachs zu gehören. Çelebi möchte die Freude an diesem Sport weitergeben – an Sehbehinderte wie an Sehende, an Kinder wie an Erwachsene. Daher leitet er auch eine KinderGruppe für Blindenfußball. „Wenn ein Kind zum ersten Training kommt und auch nur ei nen einzigen Ballkontakt hatte, ist das für uns ein Erfolg“, sagt Çelebi. Er strahlt über das ganze Gesicht, wenn er spürt, mit wie viel Eifer die Kinder dabei sind, und vor allem, wie viel Lebensfreude ih nen das bringt. Gemeinsam mit seinem Trainer Wolf Schmidt entwickelte er eine eigene Spielform, um das Thema „Inklusion“ voranzubringen. Sehende und blinde Menschen bilden dabei ein Team, wo bei nur der Sehbehinderte Tore schie ßen darf. Der Sehende darf lediglich als Vorbereiter dienen. „Das bietet rich tig Action mit Zweikämpfen und tol len Pässen, das hat Spaß gemacht“, be schreibt Çelebi. Immer wieder ist er für den Blindenfußball unterwegs, gibt Seminare an Schulen, in Firmen oder so gar im Gefängnis – nicht nur für Blinde, sondern vor allem für Sehende. Mit ei ner Dunkelbrille auf der Nase, die wegen eventueller Sehkraftunterschiede auch von Blindenfußballern getragen wird, müs sen sich die Teilnehmer plötzlich auf die übrigen Sinne verlassen – und vor allem auch aufeinander. „Blindenfußball fördert Ein Selbstversuch Tatsächlich ist es eine ganz besonde re Erfahrung, in gefühlter Dunkelheit Fußball zu spielen. Man traut sich über haupt nicht, richtig loszulaufen. Selbst wenn der sehende Übungsleiter einem sagt, man habe freie Bahn, läuft die Angst vor einem Zusammenprall mit irgendetwas oder irgendjemandem mit. Dann kommt auch noch der Ball hinzu: Der hat zwar Rasseln in sich, so dass die Fußballspieler ihn hören und orten können. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Und selbst wenn man den Ball endlich einmal an den Füßen hat und dribbeln möchte, rutscht er ei nem irgendwie ständig weg. Und dann geht die Suche wieder von vorne los. Hat der Gegner den Ball, wird es nicht einfacher. Damit der ballführende Spieler weiß, wo die übrigen Akteure sind, muss man immer wieder „Voy, Voy“ (spanisch: Vorsicht, ich komme) rufen. Gar nicht so einfach, wenn man aufgrund der Hektik auf dem Spielfeld eigentlich total aus der Puste ist. Çelebi lächelt: „Ich habe mich früher auch darüber geärgert, dass der Ball immer schneller war als ich.“ Es dauere eine Zeit, bis man ein Gefühl für diesen Sport entwickelt habe. Vater und Therapeut Serdal Çelebi ist kein Mensch, der mit Schicksalsschlägen lange hadert. „Ich bin glücklich“, sagt er. In seinem Beruf als Physiotherapeut erfährt er viel