men Versorgungsperioden konnte er sich hier jederzeit an einen reichlich gedeckten Tisch setzen“, schrieb Walter in seiner im Sport Magazin publizierten Serie „Der Chef“. Herbergers Anteil am Aufschwung des FCK, der 1948 erstmals im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft (1:2 ge- gen Nürnberg) stand, ist also unstrit- tig. Warum nun sollte er nicht davon profitieren? Als Deutschland am 22. November 1950 wieder ein Länderspiel austragen durfte, nominierte er erst- mals Ottmar Walter im Wissen um dessen Klasse und darum, dass er mit Bruder Fritz harmonieren würde. Dass mit Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer und zuletzt Horst Eckel bis 1954 noch drei Lauterer hinzukamen, war für ihn nur konsequent. Er kannte sie – bis auf Eckel – aus eigener Anschauung – und mit ihren Erfolgen warben sie für sich selbst. Dem Titel 1951 folgte der von 1953, auch 1954 und 1955 standen die Lauterer im Endspiel. Otto Rehhagel, als Spieler und Trainer selbst in Kaiserslautern aktiv (und 1998 Meister), rechtfertigt Herbergers Personalauswahl noch heu- te: „Er hat früh genug erkannt, dass die- se Spieler in sein Gesamtkonzept pass- ten. Am Ende wurde er Weltmeister, was will man mehr? Das ist doch die end- gültige Wahrheit.“ Leistungsprinzip gilt Zur Wahrheit gehört auch, dass das Konzept mit Fritz Walter stand und fiel. Der war nach Bern zweimal zu- rückgetreten, 1954 kurz, 1956 etwas länger. Herberger kämpfte um ihn, al- len Widerständen gegen den „alten Fritz“ zum Trotz. In einem Vortrag sag- te der Chef 1956: „Man wirft mir wie- der vielerorts meinen Fritz-Walter- bzw. Kaiserslauterer Komplex vor. Es hat keinen Zweck, gegen diese vorgefass- te Meinung anzurennen. Hier möchte ich doch einmal feststellen, dass es ei- nen solchen Komplex nicht gibt: Fritz Walter ist der beste Fußballspieler, den Deutschland hervorgebracht hat. Andere Länder wären froh, wenn sie ihn hätten.“ Er konnte ihn noch mit 36 zur WM-Teilnahme 1958 bewegen, nahm auch Eckel mit, aber für weite- re Lauterer war da schon kein Platz mehr. Das führte sogar zu einer erheb- lichen Verstimmung mit Liebrich, den Herberger nicht mehr für stark genug erachtete. Herberger schrieb ihm 1962: „Ich habe damals nach bestem Wissen und Gewissen meine Entscheidung ge- troffen.“ Denn auch bei ihm galt das Leistungsprinzip! Als Fritz Walter nach der WM 1958 abtrat, endete auch die FCK-Ära in der Nationalmannschaft. Nur Horst Eckel spielte noch einmal im November 1958, in den folgenden 37 Länderspielen bis zu Herbergers Abschied war kein roter Teufel mehr dabei. Noch ein Fakt entkräftet die ver- meintlich einseitige Bevorzugung der Kaiserslauterer, von denen inklusive Karl Schmidt (1955-57) in der Herberger- Ära nur sechs Spieler für Deutschland aufliefen: Aus zehn Vereinen rekrutier- te Herberger mehr Spieler, weit vorne liegen Schalke 04 (15) und Fortuna Düsseldorf (14). Was nichts an seiner ungebrochenen Sympathie für diesen Verein ändert, mit dem er 1957 sogar auf USA-Reise ging. Erneutes Wasser auf die Mühlen der Kritiker, doch hatte die „Deutsch- Amerikanische Fußball-Liga“ eben den bekanntesten deutschen Klub und den populären Weltmeistertrainer gemein- sam eingeladen. 1956 mussten sie noch absagen, 1957 ging es dann mit dem Schiff über den großen Teich. Und wie- der vertrugen sich Chef und Rote Teufel prächtig, was für einen Mannheimer an sich ja fast schon ungehörig erscheint. Dass er die Sympathie für den FCK auch noch hegte, als er wieder Bundestrainer war, belegt übrigens ein Brief an Horst Eckel vom 10. Dezember 1954, der wohl zu Lebzeiten besser nicht öffentlich ge- worden wäre. Herberger schrieb, um den angeschlagen seit Wochen fehlenden Eckel aufzubauen, darin: „Weil ich weiß, wie bedrückend und quälend für einen Aktiven bei einem entscheidenden Spiel das Zuschauen werden könnte, wünsche ich Ihnen für das morgige Spiel das, was ich mir bei Länderspielen wünsche, dass es ein glatter Sieg für Kaiserslautern wer- den möge und die zu schießenden Tore dann schon recht früh – zur Beruhigung Ihrer Nerven – fallen mögen!“ Doch wer genau liest, der versteht: Es geht ihm nicht so sehr um den Verein, sondern viel mehr um den Menschen. gar ein in einem Vorstandsbrief ange- kündigtes, aber nicht näher bezeichnetes Geschenk, war er doch der Schattenmann hinter dem Erfolg. Im Weihnachtsgruß des Vereins von 1947 an den Gönner in Weinheim hieß es: „Wir wollen in un- serem Erfolge und mit unserem Glücke nicht vergessen, dass Sie es waren, der die Unterlagen schuf, auf denen wir auf- bauen konnten.“ Walter gestand 1964: „Als Lehrmeister war ich ein unbeschriebenes Blatt. Um ehrlich zu sein, meine ganze Weisheit hatte ich Sepp Herberger abgeschaut. Nach seinem Vorbild, nach seiner eigenen Methode betreute ich nun den FCK. Der Chef beobachtete meine Bemühungen mit Interesse. Mehr noch: Er unterstütz- te mich, wo immer er konnte, vor allem mit taktischen Ratschlägen. Gemeinsam machten wir uns daran, die ‚Roten Teufel vom Betzenberg‘ zu einer schlagkräfti- gen Mannschaft zu formen. Wir arbei- teten lange im Stillen, bevor wir nen- nenswerte Spielabschlüsse riskierten … Herberger fühlte sich wohl in unse- rem Kreis. Vielleicht fand er hier, was es für ihn auf höherer Ebene in dieser Zeit noch nicht wieder gab: die verschwore- ne Gemeinschaft junger Menschen.“ In Kaiserslautern „wohnte er bei Freunden am Stadtrand, oft auch bei ‚meiner‘ Metzgerfamilie. Trotz der kalorienar-